Seit cca. einem Jahr schickt mir mein Mail Art Freund, Stan Askew from Pasadena regelmässig alte Fotos. Er hat sie auf dem Flohmarkt aus einem Nachlass für die Nachwelt gerettet. In der Box waren die kompletten visuellen Erinnerungen von 3 Generation einer Familie. Stan hatte angefangen, um die Familie, die offensichtlich keine Nachfahren mehr hat, ein neues Leben zu schenken und hat kleine, mit Briefmarken collagierten Postkarten gemacht und an Mailartisten geschickt.
Ich wollte auch etwas würdiges mit den Fotos machen, wusste aber lange nicht, wie. Ich hatte grosse moralischen Bedenken, ob ich die fremden Gesichter in einer fiktiven Umgebung und in einem völlig neuen Kontext missbrauchen darf. Bislang habe ich nur Bilder von meiner eigenen Familie für künstlerische Gestaltung benutzt und das auch nur sehr vorsichtig und nachdenklich. Ich habe grosses Respekt für die Intimsphere, die meiner Meinung nach auch den Toten zusteht. Mit der Zeit hatte ich aber mit den Leuten auf den Fotos irgendwie Freundschaft geschlossen und eine fiktive Geschichte gezimmert über Menschen, die mit dem Schiff nach Amerika gangen, dort heimisch geworden sind und ihr Leben genossen.
Ich denke oft darüber nach, ob man alte Bücher (geistige Leistungen, unabhängig von der Qualität) an der Altar der Kunst als Collagematerial missbrauchen darf. Mit Fotos ist es ebenso. Ich denke mittleweile aber auch, dass wenn man das mit Bedacht macht, man damit dem Objekt ein zweites Leben schenken kann. Ich hoffe, diese Familie wäre nicht böse auf mich, wenn sie dieses Büchlein sehen würde.
Das Titel kommt von Stan Askew. Ghost of Utopia Parkway war das Motto einer seiner Bildersendungen.